Nordkap retour einfach irgendwas
Mai
27
08.00
Eigentlich hatten wir in der vergangenen Nacht unmittelbar vor Warschau noch einmal zelten wollen, um heute moeglichst frueh in der Stadt einzutreffen, einen Tag hier zu verbringen, am Abend in einer Jugi zu uebernachten und am naechsten Mittag weiterzufahren. Da das Wetter jedoch zur Abwechslung einmal ziemlich nass war, entschieden wir uns fuer einen sofortigen Einfall in die Stadt, um in der Unterkunft unsere Sachen trocknen zu koennen. Als der Regen um ca. 12.00 endlich nachliess, starteten wir. Je naeher wir Warschau kamen, umso dichter wurde der Verkehr auf zunehmend schlechteren Strassen. Zudem hatte Sigi mit der Zeit starke Schmerzen im Knie, welches seit ein paar Tagen ab und zu Probleme macht. Auf halbem Weg tankten wir in einem McDonald's zum letzten Mal Energie. Ein McDo sieht offenbar auf der ganzen Welt genau gleich aus. Das vermittelt einem ein gewisses Heimatgefuehl in fremden Laendern. Gleichzeitig ist ein Besuch aeusserst bildend, die Burger heissen naemlich ueberall anders. Jaja.
Nach 115km, unzaehligen Schlagloechern und endlosen Vorstadtruinen erreichten wir dann endlich Warschau, wo sich die Suche nach einem Hostel schwieriger als erwartet gestaltete. Ich werde mich beim Vatikan schriftlich darueber beschweren, dass Papst "Hartz 4 wirkt - Deutscher uebernimmt Polenjob" Ratzinger genau diese Woche in Polen nach dem Rechten sehen musste. Erst beim 5.Versuch konnten wir ein Zimmer ergattern, leider nur fuer eine Nacht. Vorerst sind wir jedoch mehr als zufrieden, logieren wir doch in einer wunderschoenen Jugi und hatten gestern Abend massig viel Platz, all unser Material auszulegen bzw. aufzuhaengen. Innert 5min war der Boden mit Wald-Bestandteilen uebersaet und Ameisen krabbelten fliessig in der Gegend umher.
Nach dem groebsten Vorkehrungen und mehrmaligem Duschen gingen wir in die Stadt und assen in einem pseudo-authentischen Touristenrestaurant zu Abend. Meine Ernaehrungsgewohnheiten wurden inzwischen vollstaendig ueber den Haufen geworfen. Esse ich normalerweise nur, was ich bereits kenne (zuhause tonnenweise Bratwuerste oder Fleischkaese, in der Pizzeria die obligatorische Salami-Pizza etc.), so nehme ich hier sogar Pilze zu mir. Ehrlich. Und erst noch mit Genuss. Auch irgendwelcher Spezialkaese, welchem ich normalerweise nur mit Chemieschutzanzug begegnen wuerde, macht mir keine Angst mehr. Die Umstellung ging soweit, dass ich Sigi, der mir sonst immer vorwirft, ich wuerde mich nicht auf kulinarische Experimente einlassen, den Appetit verderben konnte, als ich bei einer undefinierbaren Paste auf zermantschtes Schafhirn tippte und sie mir gleichzeitig aufs Brot schmierte. Ein Triumph sondergleichen. Geaendert hat sich selbstverstaendlich auch die Menge der Nahrungsmittel. Vorgestern Abend assen wir zusammen frischfroehlich ein halbes Kilo Nudeln, um unmittelbar darauf einen Schoko-Cake und sonstige Suesswaren nachzuschieben.
Well, nun sind 10 Tage vergangen und wir haben bereits 1350 Kilometer hinter uns. Falls wir weiterhin so gut vorwaerts kommen, muessten wir in weiteren 10 Tagen in Helsinki sein. Realistisch sind wohl 2 oder 3 Tage mehr, hatten wir bisher ziemlich wenig Hoehenmeter zu bewaeltigen und vor allem hevorragendes Wetter. Trotzdem erwarte ich eigentlich, dass es doch noch zu einem "Nordkap retour" kommt. Einfach in 3 statt 5 Monaten. Wir werden sehen.
Wir hoffen nun, dass wir in der kommenden Nacht irgendwo im Wasch- oder Putzraum unsere Schlafsaecke ausrollen koennen. Ansonsten muessten wir die Stadt bereits heute Nachmittag verlassen.