Nordkap retour einfach irgendwas

Mai
30

23.00
Alors, 2 Wochen liegen hinter uns. 1725km. Je 1 regulärer Plattfuss, zusätzliche 2 an Sigis ehemaligen Hinterrad. Ein neues Hinterrad inkl. Reifen, Kassette und Kette. Ein lockeres Tretlager, das auf Grund seines Alters glücklicherweise noch ziemlich gut wieder angezogen werden kann, sobald es zu sehr wackelt. 10 Tonnen Pasta, 5 Tonnen Müesli, je 100l Milch und Fruchtsaft, einen Gübsensee voll Wasser und das ganze McDo-Sortiment. Polnischer Kebab. Vorübergehende Kniebeschwerden. Viel Sonne. Wenig Regen. Gigantische Wolkenberge. Rückendwind. Seitenwind. Gegenwind. Windstille. Deutsche Spielplatz-Hüttchen mit Kaffee ans Bett. Wunderbare Hostels in Prag und Warschau. Mücken im Wald. Schlaglöcher. Flickenteppiche statt Schlaglöcher, wenig besser. Schlaglöcher. Unzählige winzige Fiat "Polska". Schlaglöcher. Hochseeschiffbefahrbare Pfützen. Langweile. Sinnlose Diskussionen. Inspirierende Diskussionen. Dankbarkeit. Freude.

Seit Warschau sind wir zwar aus verschiedenen Gründen nicht mehr ganz so gut wie bisher vorwärts gekommen, wir können uns jedoch überhaupt nicht beklagen. Inzwischen haben wir die polnisch-litauische Grenze überquert, ein freundlicher Zöllner im Tarnanzug interessierte sich sehr für unsere Reise. Auf der litauischen Seite erwartete uns eine ungefähr 5km lange Lkw-Kolonne. Bei der Einreise nach Polen werden diese nämlich geröntgt, wie wir beobachten konnten, was offenbar eine gewisse Zeit dauert. So warten hunderte Lastwagen mit laufendem Motor auf die nächsten paar Meter freie Fahrt. VIP-Lastwagen und Personenwagen überholen die Kolonne auf der Gegenfahrbahn. Kurz vor der Grenze passierten wir noch unseren ersten polnischen Verkehrsunfall.

Sigis Hinterrad gab uns zu Beginn des Tages bereits nach wenigen Kilometern den Rest, als schon wieder ein Plattfuss auftrat. Das Loch war wiederum seitwärts auf Felgenhöhe, vermutlich hätten wir den Reifen besser vor der Reise ausgewechselt . Egal, die Felge war sowieso völlig im Eimer. Dort, wo normalerweise die Speichen in die Felge eintreten, konnte man kleine Stücke herausbrechen. Die Form des Rades hatte schon längst jede Ähnlichkeit mit etwas Konzentrischem verloren. Wir entschieden uns, sofort ein neues Hinterrad aufzutreiben. Mit plattem Reifen fuhren wir in die nahegelegene Kleinstadt, wo wir in einer Motorrad-Werkstätte von einem Amerikaner angesprochen wurden, der sich gleich um uns kümmerte und zu einem kleinen Fahrrad- und Rasenmäher-Geschäft führte. Unterwegs klärte er uns darüber auf, dass Suchowola - so hiess die Stadt - das geographische Zentrum Europas sei. Ein kleines Monument (wer den Widerspruch findet, darf ihn behalten), welches kurz darauf zu sehen war, untermauerte seine Behauptung. Keine Ahnung, welcher Geographie-Fensterplätzler in Brüssel sich das ausgedacht hat, uns scheint die Sache jedoch einige hundert Kilometer zu weit östlich zu liegen. Egal. Weiter erzählte er uns, er habe sich hier, im Geburtsort seines Vaters, vor einiger Zeit ein Haus gekauft. Die meiste Zeit verbringe er jedoch mit Reisen durch Europa, eigentlich wolle er sein Haus so schnell wie möglich los werden. Er schien nicht sehr viel von den Polen zu halten, die seiner Meinung nach äusserst faul und geldgierig seien. Die beiden Fahrradmechaniker bewiesen uns jedoch das Gegenteil. Das oben erwähnte neue Material kostete umgerechnet insgesamt - bitte schätzen, anschliessend mit 0 multiplizieren und 30.- dazurechnen - sagenhafte dreissig Franken. Für die Arbeit wollten sie nichts, wie sie uns mehrmals versicherten. Wir setzten uns durch. Einer der beiden sprach ein wenig englisch und erzählte, er habe zweimal für je 3 Monate in Deutschland in der Landwirtschaft gearbeitet. Ja, es habe ihm eigentlich gefallen, schliesslich sei dabei jeweils ein polnischer Jahreslohn zusammengekommen...

Unendlich dankbar und erleichtert verliessen wir Suchowola nach einem kurzen Mittagessen. Erlöst von der ständigen Sorge, wann das Rad wohl zusammenkrachen wird, fährt es sich klar entspannter. Nachdem wir in den vergangenen Tagen mehrheitlich kleine Nebenstrassen benutzt hatten, wählten wir nun eine grosse Autostrasse, welche direkt nach Norden führte. Ein relativ breiter Pannenstreifen und ein Belag, auf welchem wir uns wie auf Daunen fühlten, erlaubten uns endlich wieder ein schnelles Vorwärtskommen. 30km vor der Grenze versuchten wir das letzte polnische Geld in einem McDonald's loszuwerden, was uns jedoch trotz 2 BiggerBigMac-Menus, 2 Hamburgern, 2 Cheesburgern sowie einem durch irgendwelche Fussball-WM-Rubbelkarten gewonnen Colafläschchen in Fussballform und einem ebenso geschenkten Milchshake nicht richtig gelingen wollte. Das Zeugs ist einfach zu billig hier. Immerhin habe ich jetzt eine sagenhaft kreative Flasche und eine 100l-McDo-Papiertüte als Andenken.

PS: Die Ursache meiner Regenjacken-Probleme ist geklärt. Die Tatsache, dass sie aussen hydrophil ist, währenddessen ich innen schwitze, lässt nur einen Schluss zu: Ich habe sie bisher verkehrt herum angezogen.

 

Kommentare:

Thomas aus in the middle of nowhere (31.05.2006; 19:26):
Hi Lee,
we also really enjoyed meeting you, it was quite inspiring! We are looking forward to get the picture you took. My address: thomas.jaggi@gmx.net

Best wishes,
Samuel & Thomas

lee Fenner aus www.balticsojourn.com (31.05.2006; 19:02):
Samuel and Thomas... greetings! This is Lee. It was great to make your acquaintence here in Kaunas. I enjoyed the pictures of your trip on your blog. Send me your email address and I will email the picture I took of you two in Kaunas. I will look forward to seeing some more pictures of your trip.
Peace be to you,

Lee

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