Nordkap retour einfach irgendwas

Juni
4

22.45
Nine Million Bicycles von Katie Melua tönt in den Wald hinaus, durch den Computer zufällig aus 2500 Stücken ausgewählt. Den context-sensitiven Refrain dieses Songs habe ich heute bestimmt neun Millionen Mal in Gedanken wiederholt. Es ist Viertel vor Elf und die Dämmerung hat gerade erst eingesetzt, die Zeitverschiebung und das Erreichen nördlicherer Gefilde zeigen ihre Wirkung. Unser letzter gemeinsamer Zeltplatz weist erstaunlich wenig Mücken auf. Zur Feier des Tages haben wir chinesische Nudeln gekocht und zum Dessert eine 300g-Tafel Schokolade geschlachtet. Wir befinden uns nun noch 65km von Tallinn entfernt.

Beim Verlassen Rigas fuhren wir gestern glücklicherweise an einem Fahrradgeschäft vorbei, Sigis neues Hinterrad wackelte nämlich bereits unnatürlich stark. Anschliessend kamen wir gut voran, überraschenderweise hatten wir tatsächlich Rückenwind. Die Sonne brannte richtiggehend und die Landschaft war sehr abwechslungsreich. Die Gegend nordwestlich von Riga mit ihren wunderschönen Seen scheint ein beliebter Ferienort zu sein. Am späten Nachmittag erreichten wir endlich das Meer und legten uns kurz an den Strand. Aline, eine 10-Jährige mit äusserst akutem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, redete nonstop auf uns ein. Ihre etwas ältere Kollegin flüsterte ihr jeweils einen englischen Satz ein, den sie dann begeistert von sich gab. Die restliche Zeit füllte sie mit "Hello" und "Man". Wir amüsierten uns prächtig. Am Abend setzte der Regen ein und nach dem Überqueren der Grenze erreichten wir gegen zehn Uhr in einem Wald den bisher meist-bemückten Zeltplatz. Deshalb getrauten wir uns heute erst am Mittag wieder aus dem Zelt.

Der Himmel war zwar immer noch ziemlich bedeckt, aber immerhin blieb es trocken. Leider hatte der Wind gedreht und wir kämpften uns nur mühsam vor. Unterwegs trafen wir auf zwei abartig bepackte Tourenvelos. Hinter meterhohen Taschen tauchten schliesslich ein Franzose und eine Engländerin auf, die offenbar auf dem Weg nach China sind und die nächsten 5 Jahre unterwegs sein werden, wie sie mir erzählten, während Kopfhörer-Autist Sigi musikberieselt weiterfuhr. Die Frau machte nicht den Eindruck, als ob sie sich sehr darauf freute. Würde ich mich wohl auch nicht, müsste ich meinen gesamten Hausrat durch die Gegend schleppen. Ich entschied, dass ich ihnen auch nicht mehr helfen konnte und schloss wieder zu Sigi auf.

Estnische Autos haben tolle Nummernschilder. Innert kurzer Zeit passierten uns AXE, SKY, CU, XXX, MEH, TCS und AUA (Das bisher beste Schild hatte uns jedoch irgendwann in Lettland überholt: ein simples EL, ohne jegliche zusätzlichen Zahlen. Falls ER es nicht war, muss es sich wohl um den Stadtpräsidenten gehandelt haben.). Durch das Anneinanderrreihen von estnischen Nummernschildern könnte man wohl einen Roman schreiben. Noch kreativer ist jedoch die Sprache hier, die Politsei würde nämlich in einem Ekstrabuss zum Gümnaasium fahren, wenn sie das Bedürfnis dazu hätte.

 

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