Nordkap retour einfach irgendwas

Juli
4

18.00
Erst einmal die Rückreise:

Nachdem ich mein im ganzen Hotelzimmer ausgebreitetes Gepäck wieder verstaut und ein weiteres Mal gebadet hatte, verliess ich das Hotel gegen Mittag und fuhr zu einem kleinen Quartierladen, dem ich bereits am Vortag einen Besuch abgestattet hatte. Mit einem Teil der übrig gebliebenen norwegischen Kronen deckte ich mich mit Waffeln, Cookies und Eiskaffee ein, setzte mich in einen angrenzenden Park und genoss meine letzten Stunden in Oslo.

Im Hafen angekommen hatte ich das Glück, dass die Velofahrer die Fähre zuerst betreten durften, andernfalls hätte ich wohl noch ziemlich lange in der brennenden Sonne warten müssen. Abertausende deutsche Autos und Wohnmobile warteten vor dem Schiff. Die Abfahrt verzögerte sich um eine Stunde, da die norwegische Irgendwasbehörde offenbar darauf bestand, dass ein Rettungsboot getestet wurde. Es zeigte sich relativ bald, dass diese Übung durchaus angebracht war, stellten sich die beteiligten Mannschaftsmitglieder doch dermassen intelligent an.

Ich las ein wenig und schaute Donnie Darko (wobei ich die Handlung nicht einmal ansatzweise nachvollziehen konnte). Da ich immer noch einige Kronen loszuwerden hatte, ass ich in einem Steakhouse an Bord zu Abend. Das Fleisch war göttlich. Anschliessend machte ich den unverzeihlichen Fehler, mir im "Kino" Matador anzusehen. Ein ganz erbärmlicher Film mit ganz erbärmlichen Schauspielern und ganz erbärmlicher Musik. Die drei anderen Besucher suchten bald das Weite, ich hielt jedoch bis zum Schluss durch, in der irrigen Annahme, dass es ja nur noch besser kommen konnte. Die Nacht verbrachte ich auf meiner Isomatte, da mir der zugeteilte Flugzeugsessel (die billigste Reisemöglichkeit) wenig zusagte.

Am nächsten Mittag erreichten wir Kiel. Ich machte mich sofort auf den Weg zum Bahnhof, um meine Weiterreise zu organisieren. Dort wurde ich vom grössten Polizeiaufgebot empfangen, das man sich vorstellen kann. Anscheinend war irgendeine Demo geplant und man erwartete Zusammenstösse von Links- und Rechtsextremen. In Anbetracht des Polizeiaufmarsches erwartete ich eher einen Krieg. Das Lösen eines Bahntickets gestaltete sich etwas schwieriger als erwartet, da der deutschen Banhn bundesweit das System abgekratzt war. Die Schalter waren nicht in Betrieb und man konnte nur noch am Automaten ein Billett erhalten. Freundliche Bahnmitarbeiter standen hilfsbereit neben den Automaten, wussten jedoch ganz offensichtlich selbst nicht so recht, wie die Sache funktionierte. Nach einigen Versuchen kam ich zur Erkenntnis, dass man keine internationalen Velobillette lösen konnte und entschied mich, erst einmal mit dem Regionalzug nach Hamburg zu fahren. Dort schaffte ich es, ein Ticket für den CityNightLine nach Zürich zu lösen (Nicht zu unterschätzen, man musste dazu nämlich zwei verschiedene Automaten benutzen. Den ersten, um das Billett und die Platzreservation zu lösen, den zweiten, um zu bezahlen. Wenn der Strichcodeleser bei Letzterem nicht funktioniert, wie das selbstverständlich der Fall war, muss man einen 100stelligen Code vom Ausdruck des ersten Automaten abtippen. Sehr raffiniert. Ausserdem frage ich mich, warum die Platzreservation funktionierte, war doch angeblich das ganze System abgestürzt.). Man konnte mir jedoch nicht versprechen, dass noch Platz für das Velo vorhanden sein würde, und schlug vor, ich solle am Abend noch einmal vorbeikommen. Falls das System dann wieder einsatzfähig sei, könne man nachschauen. Ich beschloss, dass ich den Zug so oder so nehmen würde. Notfalls liesse sich der Konduktuer bestimmt mit einer über mehrere Tage getragenen Socke unter der Nase zur Mitnahme des Fahrrades bewegen.

Ein Big Taschti Menu später hatte ich das Ticket-Ghetto bereits erfolgreich verdrängt. Ich setzte mich für einige Stunden an die Alster und las in The Last Juror. Die Fliessbandliteratur aus dem Hause Grisham eignet sich gar nicht schlecht zum Reisen. Ausserdem hatte ich im etwas niveauvolleren Saturday sowieso kaum ein Wort verstanden, da mein Englisch-Wortschatz offenbar nur bedingt für "höhere" Literatur geeignet ist (Beide Autoren scheinen übrigens ziemlich nachlässige Lektoren zu haben, ich bin sowohl bei Grisham als auch McEwan über teils wortwörtliche Wiederholungen irgendwelcher Dinge gestolpert.). Zurück am Bahnhof waren die Schalter tatsächlich wieder in Betrieb und nach 30minütigem Anstehen (bei 5 offenen Schaltern und abends um 20.00 Uhr, wohlverstanden) besass ich sogar ein Velobillett. Vor Abfahrt des Zuges gönnte mir ein weiteres Big Tasty Menu (dieses Mal die Chicken-Variante). Auf der Fahrt durch Deutschland sah ich erstmals seit einem knappen Monat wieder einen Sonnenuntergang.

Die Gesichter zuhause waren noch verdutzter, als ich sie mir zuvor ausgemalt hatte und ich fühlte mich wie ein Dreijähriger nach erfolgreich durchgeführter Operation Desert Streich.

 

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